Last Samurai Standing: Das Battle Royale der Edo-Ära

Last Samurai Standing

Last Samurai Standing ist kein Geschichtsdrama im klassischen Sinne. Es ist ein brutales, aber faszinierendes Serienexperiment, das die Ära des gesellschaftlichen Umbruchs in Japan als blutige Arena nutzt. Die Prämisse ist einfach, aber fesselnd: Man nehme das Ende der Samurai-Ära, werfe fast 300 verzweifelte Schwertkämpfer in einen tödlichen Wettkampf und verspreche dem Überlebenden eine astronomische Summe von 100 Milliarden Yen.

Ein ehrenvoller Todeskampf

Die Handlung führt uns ins Jahr 1878, wo die Gesellschaft der Samurai keine Verwendung mehr hat. Im Zentrum steht Shujiro Saga (Junichi Okada), ein Krieger, den das persönliche Leid (der Tod seiner Tochter, die Krankheit seiner Frau) in den Wahnsinn getrieben hat, am Kodoku-Wettkampf teilzunehmen. Angelockt in den Tenryuji-Tempel in Kyoto, müssen sich die Teilnehmer den Weg nach Tokio freikämpfen.

Die Serie glänzt mit einer dichten, historischen Atmosphäre. Kyoto und Tokio sind eindrucksvoll inszeniert, die Kostüme und Schauplätze wirken authentisch und liefern eine packende Kulisse für das Gemetzel.

Die Wucht der Katanas

Der größte Trumpf von Last Samurai Standing ist die Action. Die Kämpfe sind hervorragend choreografiert, fernab jeder Verklärung. Schwertduelle sind schnell, taktisch und von einer rauen Brutalität, die sofort unter die Haut geht. Die Macher schaffen es, die Intensität von Battle-Royale-Elementen in das historische Setting zu übersetzen, was der Serie eine moderne, packende Dynamik verleiht, die an zeitgenössische Hits wie Squid Game erinnert, ohne ihre historische Verankerung zu verlieren.

Junichi Okada trägt die Serie mit einer intensiven Darstellung. Sein Shujiro ist ein vielschichtiger Anti-Held, dessen emotionaler Schmerz die Motivation für das unfassbare Gemetzel liefert und dem Zuschauer einen Anker in der chaotischen Handlung bietet.

Fazit der Kritik

Trotz all ihrer Stärken hat Last Samurai Standing Schwächen.

Die größte Herausforderung liegt in der Notwendigkeit, ein modernes Thriller-Konzept in ein historisches Setting zu zwingen. Kritiker monieren, dass das gesamte Kodoku-Szenario – das heimliche Einsperren Hunderter Elite-Krieger in einem Tempel für ein gigantisches Preisgeld – dramaturgisch zwar funktioniert, aber die Glaubwürdigkeit der historischen Periode strapaziert. Die Serie opfert hier Logik zugunsten des Spektakels.

Hinzu kommt das Problem der Charaktertiefe: Während Shujiro Saga emotional überzeugt, verkommen viele der anderen 291 Samurai zu austauschbaren Kampfmaschinen. Sie dienen primär als Kanonenfutter, um die Action voranzutreiben, wodurch die Serie es versäumt, das volle dramatische Potenzial eines Konflikts zwischen so vielen talentierten und verzweifelten Persönlichkeiten auszuschöpfen. Es ist eine bewusste Entscheidung für Tempo und Brutalität auf Kosten komplexer Nebenhandlungen.

Im direkten Vergleich: Während Shōgun durch epische Erzählweise und politische Tiefe brillierte, punktet Last Samurai Standing mit Geschwindigkeit und schonungsloser Intensität.

Unterm Strich: Wer historische Settings liebt und gleichzeitig die gnadenlose Spannung moderner Überlebensspiele schätzt, findet in Last Samurai Standing ein packendes und blutiges Netflix-Highlight. Es ist kein perfektes Meisterwerk, aber ein knallhartes Action-Drama, das man nicht verpassen sollte.

Über Tobias Paxian

Ultima Online und Dark Age of Camelot Spieler alter Schule! Spielt sobald es die Zeit erlaubt vor allem Roguelike Titel und kleinere Indiespiele.

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